Zur Erinnerung an den NSU-Anschlag in der Probsteigasse am 19. Januar

Der Artikel wurde erstmals am 19.01.2022 auf der neuen Seite der mbr Köln veröffentlicht.

Vor 21 Jahren, am 19. Januar 2001, explodierte im Geschäft der iranischstämmigen Familie M. in der Probsteigasse eine Bombe. Die damals 19-jährige Mashia M. überlebte den Anschlag nur schwerverletzt. Das Geschäft wurde völlig zerstört. Der Anschlag war Teil der Mord- und Anschlagserie des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), der aus rassistischer Motivation deutschlandweit Bombenanschläge verübte und Migranten ermordete. Mindestens zehn Menschen fielen diesem neonazistischem Netzwerk in den Jahren von 2000 bis 2007 zum Opfer.

Auch heute, nach dem Abschluss des NSU-Prozesses in München, den Untersuchungsausschüssen im Bund sowie im nordrhein-westfälischen Landtag, wo der Anschlag in der Probsteigasse intensiv behandelt wurde, bleiben viele Fragen offen: Warum wurde ausgerechnet der kleine unscheinbare Laden der Familie M. zum Anschlagsziel? Wer waren die Mittäter*innen vor Ort? Welche Rolle spielte der Verfassungsschutz?

Der Bombenanschlag in der Probsteigasse 2001 ist der erste von zwei NSU-Attentaten in Köln. Am 9. Juni 2004 verübte der NSU einen Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße. Bis heute ist nicht aufgeklärt, wer die Anschläge vor Ort vorbereitete und sie durchführte. Ein rassistischer Hintergrund wurde damals ausgeschlossen. Stattdessen wurde bei den polizeilichen Ermittlungen zur Mord- und Anschlagsserie des NSU vornehmlich im und gegen das Umfeld der Betroffenen ermittelt. Auch in der medialen Berichterstattung spiegelte sich diese rassistisch konnotierte Erzählung wider. So wurden die Opfer in der öffentlichen Wahrnehmung zu Tätern. Erst mit der Selbstenttarnung des NSU im Jahr 2011 wurden die Mordopfer, die Überlebenden der Anschläge und ihr Umfeld als Opfer rassistischer Gewalt anerkannt.

„Es ist immer einfacher einen Sündenbock zu suchen, statt Verantwortung für sein eigenes Leben, seine eigenen Fehler und sein Versagen zu übernehmen. (…) So viele Leben, die zerstört wurden. Wofür? Was hat es euch gebracht? Wir hingegen können uns mit Stolz hinstellen und sagen, dass wir trotz allem, was ihr uns angetan habt, weitergemacht haben. Wir übernehmen Verantwortung für unser Leben.“

Mashia M., Überlebende des NSU-Anschlags in der Kölner Probsteigasse

Zitat aus dem Buch: Unsere Wunden kann die Zeit nicht heilen — Was der NSU-Terror für die Opfer und Angehörigen bedeutet

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