Der Prozess um den extrem rechten „Freundeskreis Rade“ aus dem oberbergischen Radevormwald wird nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht neu aufgerollt. Das Landgericht Köln hatte es 2014 als erwiesen angesehen, dass sechs Neonazis aus Radevormwald mit dem „Freundeskreis Rade“ eine „kriminelle Vereinigung“ gebildet hatten. Der „Freundeskreis“ trat seit Frühjahr 2011 öffentlich in Erscheinung, zuvor hatte die neonazistische Szene wechselnde Gruppennamen wie „NS Rade“ oder „Rader Jugend“ benutzt. 2011 und 2012 verübten Mitglieder der Gruppe mehrfach schwere Gewalttaten gegen MigrantInnen und vermeintliche politische GegnerInnen. Auch die örtliche Moschee wurde beschädigt. Menschen, die sich den Neonazis öffentlich entgegen stellten, wurden diffamiert und bedroht.
Wegen gefährlicher Körperverletzung, Nötigung, Sachbeschädigung und dem Bilden einer kriminellen Vereinigung wurden sechs Mitglieder im Januar 2014 zu Haftstrafen zwischen neun Monaten und zweieinhalb Jahren verurteilt. Der Bundesgerichtshof hatte die Revision der Angeklagten bereits im Juli 2015 als unbegründet abgelehnt, öffentlich wurde das Urteil aber erst Ende Januar 2016. Im Urteil heißt es, das Kölner Landgericht habe rechtsfehlerfrei gearbeitet. Vier Angeklagte wurden zu Haftstrafen nach Jugendstrafrecht, einer nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt, diese Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt. Der Rädelsführer Jonas R. erhielt keine Bewährung und muss nun eine 2,5 jährige Jugendstrafe verbüßen. Sein Bruder Tobias R. kam mit einer Geldstrafe davon, ihm konnte keine Mitgliedschaft im „Freundeskreis“ nachgewiesen werden.
Erstmals wurde damit in Nordrhein-Westfalen eine Neonazi-Kameradschaft als „kriminelle Vereinigung“ eingestuft – ein Urteil, das in Zukunft sicherlich als Präzedenzfall dienen wird. Mehr als fragwürdig ist die lange Dauer des gesamten Vorgangs. Nach den Razzien gegen den „Freundeskreis“ im April 2012 dauerte es bis zur Eröffnung des Prozesses im September 2013 knappe 1,5 Jahre. Nach dem Urteil im Januar 2014 und dem Einlegen der Revision verstrichen weitere 1,5 Jahre bis zur Entscheidung durch den BGH im Juli 2015. Warum zwischen diesem Urteil und seiner Verkündung Ende Januar 2016 fast weitere sieben Monate verstrichen, ist nicht nachvollziehbar –dies umso mehr als das Jugendstrafrecht, das für sechs der sieben Angeklagten galt, eigentlich eine zeitnahe Reaktion auf Straftaten vorsieht. In dieser Zeit waren einige der Verurteilten weiterhin in der Neonazi-Szene aktiv und besuchten beispielsweise Demonstrationen. Zuletzt kam es in Rade wieder zu verstärkten Einschüchterungsversuchen gegenüber Menschen, die sich gegen Rechts engagieren. Eine Dokumentation findet sich hier.
Die Mobile Beratung war seit 2011 in eine Vielzahl von Beratungsfällen in Rade involviert.
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