30 Jahre sind seit dem rassistischen Pogrom in Hoyerswerda vergangen

Am Abend des 17. Septembers 1991 begannen tagelang andauernde rassistische Ausschreitungen in Hoyerswerda, die erst am 23. September mit der Kapitulation vonseiten der Polizei und Politik endeten.

Die Stimmung begann sich auf dem Marktplatz in der Innenstadt aufzuladen. Eine Gruppe Neonazis attackierten vietnamesische Händler, die dabei waren, ihre Stände abzubauen. Die Betroffenen konnten in das örtliche Wohnheim für vietnamesische und mosambikanische Vertragsarbeiter*innen flüchten. Allerdings wurden sie von ca. 40 Rechten und sogenannten Mitläufer*innen verfolgt. Scheiben des Wohnheimes gingen aufgrund von Flaschen- und Steinwürfen zu Bruch, rassistische Parolen wurden gerufen. Die Polizei forderte Unterstützung an, bevor sie eingriff und die Versammlung auflöste. Doch auch in den Folgetagen versammelten sich immer wieder organisierte Neonazis, Nachbar*innen und Schaulustige vor dem Wohnheim. Die Polizei brauchte drei Tage, um das Wohnheim zu sichern. Unter Applaus der Zuschauer*innen wurden Steine und Brandsätze geworfen. Die Bewohner*innen des Wohnheims wurden schlussendlich evakuiert, viele von ihnen wurden im Anschluss abgeschoben. Sie wohnten teilweise schon seit vielen Jahren in Hoyerswerda und waren vor allem als Arbeiter*innen in der Braunkohleförderung tätig. Allerdings wurden ihre Verträge mit der Wende gekündigt.

Beflügelt von dem „Erfolg“ der Randalierer*innen zogen am vierten Tag, dem 20. September, um die fünfhundert Personen vor das Asylbewerber*innenheim in der Thomas-Müntzer-Straße. Auch hier wurden unter Beifall und verbalen Zustimmungsrufen Flaschen, Brandsätze und Leuchtspurmunition geworfen. Es wurden 32 Hausbewohner*innen verletzt. Aus der Menge wurde gedroht, so lange weiter zu machen, bis alle weg wären.

Infolge der rassistischen Stimmung vor Ort sowie der entsprechenden Ausschreitungen wurden ca. 150 Asylsuchende in Verkehrsbusse verfrachtet, was vonseiten der Angreifer*innen frenetisch bejubelt wurde, es herrschte Feststimmung. Obwohl damit ihre rassistische Forderungen umgesetzt wurden, wurden zusätzlich Steine auf die abfahrenden Busse geworfen und mindestens eine Person (schwer) verletzt. Die Menge bejubelte dies lautstark.

Die rechten Agitator*innen erfuhren in Hoyerswerda viel Zuspruch und konnten sich unter dem Applaus vieler aus der Stadtgesellschaft als wirkmächtig und als Handelnde inszenieren. Ihre rassistische Gewalt wurde vonseiten der Nachbar*innen und Zuschauer*innen befürwortet, unterstützt und verteidigt. Von den 82 im Rahmen der rassistischen Ausschreitungen festgenommener Personen wurden nur vier verurteilt.

Die Pogrome in Hoyerswerda waren der Auftakt einer ganzen Reihe rassistischer Ausschreitungen in den 90er-Jahren. Im Mai 1992 kam es im Mannheimer Stadtteil Schönau zu rassistischen Angriffen auf eine Unterkunft für geflüchtete und fliehende Menschen. Im August des gleichen Jahres wurde unter dem Beifall vieler Nachbar*innen und zahlreichen Zuschauer*innen die „Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber*innen“ und das angrenzende Wohnheim für Vertragsarbeiter*innen in Rostock-Lichtenhagen angegriffen. Im November 1992 verüben Neonazis in Mölln einen Brandanschlag und ermorden die zehnjährige Yeliz Arslan, die vierzehnjährige Ayşe Yilmaz und die einundfünfzigjährige Bahide Arslan. Im Mai 1993 wurde in Solingen ein Zweifamilienhaus angezündet. Hülya Genç, Gürsün İnce, Hatice Genç, Gülüstan Öztürk und Saime Genç fielen dem Brandanschlag zum Opfer.

Rassistische Gewalt und rassistische Morde halten bis heute an. Pogrome wie die in Hoyerswerda zeigen, wie wichtig eine Zivilgesellschaft ist, welche sich gegen Rassismus positioniert.

 

 

 

 

 

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