Heldengedenken durch Politikversagen

Der Hürtgenwald liegt fast vor den Toren Kölns. Eine Stunde Autofahrt, und man ist da. Von Oktober 1944 bis Februar 1945 fand hier in der Nordeifel bei eisigen Temperaturen ein grausames Gemetzel zwischen Soldaten der Wehrmacht und amerikanischen GIs statt, an dessen Ende etwa 5.000 amerikanische und 12.000 deutsche Soldaten tot waren. Für die amerikanische Seite war es ein hoher Blutzoll auf dem Durchmarsch Richtung Rheinebene, der strategischen Fehlern geschuldet war; für die deutsche Seite ein unsinniges Weiterkämpfen um jeden Preis, das den Zweiten Weltkrieg verlängerte und die Zerstörung zahlreicher Dörfer der Nordeifel und Städte wie Düren und Jülich zur Folge hatte und das tausendfache Morden der Nazis im Reich weiter ermöglichte.

Aus der Kriegslandschaft ist über die Jahrzehnte eine Erinnerungslandschaft geworden. Kreuze wurden aufgestellt, Skulpturen geschaffen, ein Verband von Wehrmachtveteranen errichtete 1966 eine Anlage zur Glorifizierung der eigenen Schlachterlebnisse, Militariafans bauten eine Sammlung zu einem von ihnen so genannten Museum aus, die Bundeswehr befand das Terrain für tauglich, dort ihre Reservisten zum „Internationalen Hürtgenwaldmarsch“ aufzurufen, und Rechtsextremisten nutzen insbesondere die Gegend um das Dorf Vossenack zu Aufmärschen, Zerstörungen und zur eigenen Identitätsstiftung. Aus aktuellem Anlass werden hier einige Schlaglichter aus der jüngsten Vergangenheit aufgeführt.

Bevorzugte Ziele der Rechtsextremen sind die Kriegsgräberstätte in Vossenack und die 1966 errichtete benachbarte Anlage der 116. Panzerivision der Wehrmacht („Windhund-Division“). Besucher, die dort in diesem Jahr zu Ostern vorbeischauten, fanden auf der Kriegsgräberstätte eine „Installation“mit Todes-Rune (Abb. 1) vor, wie sie in rechtsextremen Kreisen häufiger Verwendung findet.

Abb. 1: Installation mit Todes-Rune auf der Kriegsgräber-stätte Vossenack, 2.4.2018, © Frank Möller

Derlei Runen markieren beispielsweise – anstatt des christlichen Kreuzes – das Todesdatum einer Person oder die Erinnerung an einen Zeitabschnitt, der in der Erinnerungspflege der extremen Rechten mit Bedeutung aufgeladen ist – in diesem Fall der Erste und der Zweite Weltkrieg.

Ähnliche Zeichen fanden sich auch auf Grablichtern, mit denen eine Grabplatte des Hitler-Verehrers und Antisemiten Walter Model (Abb. 2) auf der Vossenacker Kriegsgräberstätte ebenso dekoriert war wie die Anlage der benachbarten Wehrmacht-Division.

Abb. 2: Grablicht mit Todesrune an der Grabplatte Walter Models, 2.4.2018, © Frank Möller

Auf der Website der Partei „Die Rechte Heinsberg“ brüstete sich am 2. April 2018 eine Gruppierung mit einem Akt des „Heldengedenkens“ auf der Kriegsgräberstätte – mit Fackeln, Fahne und allem, was vermeintlich dazugehört. O-Ton:

„Wir nahmen Aufstellung. Die Fackel brennt. Ein beruhigendes Licht in der Dunkelheit. Im schimmern des Feuers gingen wir in Reih und Glied den Weg entlang, welcher uns zum Soldatenfriedhof führte. Stille durchdrang die Luft. Nur das stumpfe Geräusch von Schnee, welches wir mit unseren Füßen zerdrückten war hörbar. Stumm folgten wir den Fahnenträgern, welche die Fahne, für die schon so viele starben trugen [Fehler im Original, F. M.].“

Wenn Rechtsextremisten ihre Botschaften in Vossenacks Umgebung hinterlassen – sei es auf der Kriegsgräberstätte, der Anlage der Wehrmachtsdivision oder in einer lokalen Militariasammlung, die als „Museum“ firmiert, können sie davon ausgehen, dabei ungestört zu sein. Die verantwortlichen Politikvertreter schauen in aller Regel weg, banalisieren die Vorgänge oder suggerieren, es sei nie etwas geschehen. Das geht seit Jahren so und lässt sich durch zahlreiche Beispiele belegen.

Den gesamten Artikel von Frank Möller finden Sie hier

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