Für den 29. Juli war die Verhandlung gegen fünf russische Hooligans angesetzt, denen vorgeworfen wird, am 16. Juni zwei spanische Antifaschisten auf der Kölner Domplatte angegriffen und verletzt zu haben. Vier der Beschuldigten räumten die Tatvorwürfe ein und erhielten Haftstrafen von 10 bzw. 12 Monaten. Die Strafen wurden auf Bewährung ausgesetzt. Der fünfte Angeklagte gab über seine Anwältin an, nicht an der Tat beteiligt gewesen zu sein. Sein Verfahren wurde ausgegliedert und findet am 17. August statt.
Die russischen Hooligans waren auf der Rückreise von der EM in Frankreich und machten einen Zwischenstopp in Köln, von wo sie am Abend nach Russland fliegen wollten. Auf der Domplatte trafen sie auf die spanischen Antifaschisten und ihre Kölner Freundin. Die Spanier waren an ihrer Kleidung und aufgrund eines Aufklebers als Antifaschisten zu erkennen. Einer der Hooligans sprach sie mit der Frage „Antifa?“ an. Die Antwort wurde als „ja“ gedeutet, daraufhin schlugen die Hooligans zu. Ein Zivilbeamter hatte die Hooligans schon zuvor im Auge, weitere EInsatzkräfte waren schnell vor Ort und nahmen fünf der vermutlich sechs Beteiligten fest. Die beiden Spanier trugen schwere Verletzungen davon.
Staatsanwalt: Politische Motivation entscheidend
Seit ihrer Festnahme befanden sich die zwischen 26 und 31 Jahre alten Beschuldigten in Untersuchungshaft. Zum ersten Verhandlungstag waren keine ZeugInnen geladen, es solle ein „Sondierungstermin“ sein, so der Vorsitzende Richter Frank Altpeter bei Prozessbeginn. Nach Beratung mit ihren AnwältInnen zeigten sich vier der Angeklagten geständig, sodass ihre Verfahren nach nur sehr kurzer Prozessdauer abgeschlossen werden konnten.
Den Bestandteil „kurzer Prozess“ vermutete Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn dann auch zu Beginn seines Plädoyers als Bestandteil der Berichterstattung über den Prozess. Er ging auch auf das große mediale Interesse an dem Prozess ein und kritisierte, die „Gesinnungsmotivation“ habe jedoch keinen Widerhall gefunden. Er stellt demgegenüber klar, dass es sich bei der Tat nicht um Fußballgewalt gehandelt habe, sondern um „rechtsextreme Motivation gegen linksgerichtete Opfer“. Als Besonderheit benannte er auch das schnelle Eingreifen der Polizei und betonte die Aussage des Zivilbeamten, die Gruppe habe „kumulativ“, also als Ganze gehandelt. Die Tat sei damit gemeinschaftlich begangen worden, also nicht jeder müsse konkret einen Schlag ausgeführt haben. Als strafmildernd einzubeziehen nannte er das Einräumen der Vorwürfe durch die Angeklagten – auch wenn ihre Reue möglicherweise strategisch motiviert sei sowie eine Enthemmung durch Alkoholkonsum. Außerdem seien sie nicht strafrechtlich vorbelastet. Gegen die Angeklagten spreche jedoch, dass die Opfer aufgrund ihrer Gesinnung angegangen worden seien, also eine menschenverachtende Motivation gegeben sei. Willuhn forderte daher Haftstrafen zwischen 15 und 21 Monaten, aufgrund der andauernden Untersuchungshaft sei er jedoch offen für eine Bewährungsstrafe.
Auch die Nebenklagevertreterin hob die politische Motivation hervor, betonte jedoch, dass es diese auch in der BRD gebe.
Richter: Politische Motivation dahingestellt
Einer der VerteidigerInnen bezeichnete die Strafforderung als „außer Verhältnis“ und führte sie gar auf das „völlige Versagen der Polizei in der Silvesternacht“ zurück, in dessen Folge nun gezeigt werden solle, dass man auch in Köln hart durchgreife. Er bedauerte, keinen Freispruch fordern zu können, da sein Mandant bereits eine Erklärung mit Schuldeingeständnis abgegeben habe.
Ein anderer Verteidiger bezeichnete die Verletzung der Geschädigten als „nichts Weltbewegendes“ und kritisierte, dass die Geschädigten hier „als arme Opfer dargestellt“ würden. Er könne auch nicht nachvollziehen, woher der Staat wisse, dass sein Mandant Hooligan oder Faschist sei. Dies sei wohl lediglich auf eine falsch verstandene Politikeräußerung zurückzuführen. Weiterhin fühlte er sich bemüßigt, die Anwesenden darauf hinzuweisen, dass man sich „nicht in der Endphase der Weimarer Republik“ befinde.
Ob die Tat nun politisch motiviert sei oder nicht, ließ der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung offen. Die Angeklagten seien „marodierend durch die Stadt gezogen“, der Aufkleber nur der Anlass gewesen. Allerdings sei das Verhältnis sechs gegen zwei feige; das lerne man bereits auf dem Schulhof. Die verhängten Haftstrafen – auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt – seien leicht über dem Rahmen, jedoch wolle er ein Signal setzen.