Querdenken-Proteste in Leipzig: Auch Kölner*innen dabei

Die Proteste gegen die Corona-Schutzmaßnahmen in Leipzig am 7. November 2020 haben erneut gezeigt, welches gewaltvolle Potential den Anhänger*innen von Verschwörungserzählungen innewohnt und in wieweit sie mit Akteur*innen der extremen Rechten untrennbar verwoben sind.
Die rund 20.000 Demonstrierenden setzten sich aus Menschen mit unterschiedlichen Haltungen zusammen. Aber sie alle einte Folgendes: Erstens, die Idee, dass die Maßnahmen zur Pandemie weitestgehend übertrieben seien und der*die Einzelne daher auch keine Verantwortung (z.B. Maske tragen, Abstand halten) übernehmen müsse. Zweitens, eine Wut gegen „die da oben“, denen zugeschrieben wird, dass sie eine Diktatur errichten würden. Sich selbst imaginiert man hingegen als „Widerstandskämpfer*innen“ und stellt sich in eine Tradition mit der Bürgerrechtsbewegung in der DDR oder gleich in eine Reihe mit den Opfern des NS-Regimes. Drittens, die Ablehnung der Medien, die als „Lügenpresse“ diffamiert werden. Letzteres äußerste sich in zahlreichen Angriffen auf Journalist*innen. Darüber hinaus kam es ebenfalls zu Übergriffen auf Polizeibeamt*innen und linke Menschen.

Vor Ort waren Mitglieder von der AfD, sowie von neonazistischen Organisationen wie der NPD, der Partei „Die Rechte“ (wie beispielsweise Markus Walter, Bürgermeisterkandidat bei der vergangenen Kommunalwahl 2020 in Kerpen) oder der „III. Weg“. Weiter nahmen Reichsbürger*innen, „Identitäre“ und etliche rechte Hooligans (u.a. Dominik Roeseler, Mitbegründer von „HoGeSa“) an dem Protest teil. Zu keinem Zeitpunkt distanzierten sich die Organisator*innen von rechtem und antisemitischem Gedankengut. Im Gegenteil: Es wurde als selbstverständlicher Teil der „Querdenken“-Bewegung gesehen. Heike Oehlert (Frei Wähler), Vize-Bürgermeisterin in Zwenkau, verglich in ihrer Rede nicht nur Corona mit einer harmlosen Grippe. Sie stellte auch Fragen wie: „Warum steht jede unkontrollierte Bewegung unseres rechten Armes unter dem Verdacht, ein verfassungsfeindliches Symbol zu sein?„.

Auf Schildern der Demonstrierenden waren Verschwörungs-Slogans wie „Zwangsimpfung“ zu sehen, Politiker*innen und Journalist*innen in Häftlingsuniformen aber auch eindeutig antisemitische Bezugnahmen wie „Ich bin Covidjud“ (montiert auf einen stilisierten Davidstern) oder „Mainstreammedia = Holocaustkomplizen“.

Unter den Teilnehmenden waren als Einpeitscher der Düsseldorfer Neonazi Sven Skoda, aber auch der C-Promi und Kölner „Lifestyler“ Nana Domena, der nicht nur Neonazis eine Plattform bietet, sondern inzwischen auf zahlreichen Querdenken-Veranstaltungen als Moderator auftritt. Auch die Kölnerin Bianca Pfaffenholz (Gründerin von „Köln ist aktiv“, meldet fast wöchentlich einen Protest (Demonstration oder Kundgebung) gegen die Corona-Schutzmaßnahmen an) war mit weiteren Kölner*innen vor Ort. Sie hielt vor dem Banner von „Köln ist aktiv“ eine Rede, in welcher sie unter anderem Hermann Göring zitierte. Zwar sei er ein „schlimmer Mensch … ein schlimmer Nazi“ und sie sei auch kein Fan von ihm, aber was er damals gesagt habe, treffe auf heute sehr gut zu. Weiter ruft sie „Rocker“ und „Hooligans“ dazu auf, sich dem Protest auf der Straße und gegen die Regierung anzuschließen. Sie meint, dass gerade Hooligans doch Bruderschaften mit den richtigen Werten seien.

Auch Anhänger*innen der „QAnon“-Verschwörung waren in Leipzig auf der Straße. In dem Milieu der Verschwörungsanhänger*innen ist der Glaube an „QAnon“ weit verbreitet. Auch in Köln sieht man immer wieder das darauf verweisende „Q“ oder Slogans aus der „Bewegung“ wie „WWG1WGA (Where we go one, we go all)“.

Was dahinter steckt, darüber klärt eine neue Broschüre des „Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus e.V.“ auf.

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