„Mit unseren Sprühschablonen und -kreide ziehen wir wieder durch Köln. Unsere Botschaften ‘Kehrt nach Hause zurück! Eure Heimat braucht euch’ haben wir in Köln bereits am Kölner Hauptbahnhof, an der Großmoschee und in Köln Ostheim in der Nähe einer Flüchtlingsunterkunft gesprüht.“ (Schreibweise im Original). Diese fremdenfeindlichen Botschaften hinterließ eine stark in die Öffentlichkeit drängende neue, sehr rechte Aktionsgruppe Ende Juli vor mehreren Kölner Flüchtlingsheimen. Verfasst haben die Sprüher ihre Hassgraffiti auch auf Arabisch, der Text soll zahlreiche sprachliche Fehler aufweisen.Ihre seit einem knappen Jahr in Szene gesetzten fremdenfeindlichen Aktionen veröffentlicht die Gruppierung auf ihrer eigenen Website: „Widerstandsteigtauf“ nennt sie sich. Ihre Angst evozierenden Sprühaktionen verbreiten die Aktivisten aber auch auf Facebook – dort haben sie über 1100 Likes –, auf Twitter sowie auf eigenen, mit Musik unterlegten YouTube-Videos.
Symbolische Aktionsform gegen „das Fremde“
Schwerpunktmäßig tritt die fremdenfeindlichen Akteure im Umkreis Kölns auf. Sie haben ihre Ängste weckenden Inszenierungen jedoch auch schon in Berlin und in weiteren Großstädten in Szene gesetzt: Im Juli warfen sie in Bonn von einem Universitätsbalkon selbstgedruckte Banknoten herunter. Im Köln-Stammheimer Skulpturenpark entwürdigten sie ein aus drei Figuren bestehendes Kunstwerk mit Tüchern und Luftballons. Und im ehemaligen Bonner Plenarsaal machten sie Fotos mit ihren Luftballons. Das wöchentliche Aufsteigen lassen von schwarzen Luftballons verstehen sie in der ihnen eigenen Logik als ihre wirkungsmächtigste symbolische Aktionsform gegen „das Fremde“.
Verantwortlich für die organisiert auftretenden, flüchtlingsfeindlichen Aktionen zeichnet laut der Website ein Volker F. aus Mönchengladbach. Die eigentliche Hauptaktivistin ist jedoch eine wohl in Köln lebende vermutlich Mitvierzigerin, die sich mal als Ulrike H., mal als Ulrike W. bezeichnet. Sie lässt sich bei zahlreichen Aktionen ablichten und veröffentlicht diese Bilder. Für das „Wahljahr 2017“ haben die Fremdenfeinde – „Starttermin 1.1.2017“ – diese koordinierten Aktionen gegen Flüchtlinge angekündigt. Weiterhin wird auf YouTube ein dilettantisch anmutender „Marsch 2017“ beworben.
Kooperationen mit „Ein Prozent“ und den „Identitären“
Dass sie politisch rechtsaußen beziehungsweise den „Pegida-Wutbürgern“ zuzurechnen sind, legen ihre Diktion, aber auch ihre Kooperationspartner nahe. Regelmäßig werden Beiträge der vom Verfassungsschutz beobachteten „Identitären“ verlinkt, wie auch der neurechten Aktionsgruppe „Ein Prozent“. Letztere wird von bekannten Vertretern der intellektuellen Rechten wie Philip Stein und Götz Kubitschek geprägt. Deren Flyer will man bei eigenen Aktionen auch verteilen. Aber auch die eher familiär anmutende sehr rechte Kleinstpartei „Deutsche Konservative“ wird als Kooperationspartner benannt.
Die eigene Sprache der Kölner Gruppierung ist eine Mixtur zwischen naiver Wutbürgerdiktion und antidemokratischen Verschwörungstheorien. Sie seien „Deutsche, die ihre Heimat lieben und sie gegen die verantwortungslose Politik der Parteien schützen wollen“, schreiben sie. „Unser Name steht für den Widerstand, den wir als freie Bürger der verantwortungslosen Politik entgegensetzen.“ Und: „Unser Widerstand wird stärker, steigt auf und erhebt sich endlich über die, die sich vom deutschen Volk entfernt haben“, heißt es in einer eher hilflosen kruden rechtspopulistischen Mischung.
Staatsschutz mit den Ermittlungen betraut
Ihre Aktionsformen, für die sie – offenkundig erfolgreich – in anderen Städten Mitstreiter suchen, gewährleisteten Anonymität und Vermeidung von Konfrontationen, betonen die Rechtspopulisten. Vor allem jedoch werde die „Polizei nicht durch unsere Aktion belastet“, so ihr Credo. Letzteres jedoch dürfte eine Fehleinschätzung sein: Die Kölner Polizei teilte auf Anfrage von bnr.de mit: „Nach entsprechenden Aktionen an unterschiedlichen Orten in NRW wurden Ende Juli auch in Köln an verschiedenen Örtlichkeiten entsprechende Texte auf den Boden gesprüht und Aufkleber auf Mülleimer, auf Ampelmasten, pp. geklebt. Strafanträge der Stadt Köln wegen Verdachts der Sachbeschädigung liegen vor. Die Ermittlungen dauern an.“ Zwischenzeitlich wurde mitgeteilt, dass die Kriminalinspektion Staatsschutz mit den Ermittlungen betraut wurde.
In einem mit „Denunzianten und Kollaborateure“ überschriebenen „Gastbeitrag von Margrit“ vom 8. August spiegelt sich ein Mischmasch zwischen Fremdenfeindlichkeit, bizarrer Wutbürgerdiktion und rechtsextremer Ausrichtung wider. Dort ist zu lesen: „Wäre nur ein winziger Funken Heimatliebe in den Herzen jener, die unser Land mutwillig und maß-(Maas-)geblich zerstören und dessen Werte und Demokratie bewusst und willentlich dem Genozid frei geben, könnte der Große Austausch, könnte die Islamisierung und könnte die politische Ausgrenzung Andersdenkender nie funktionieren. Denn Heimatliebe ist ein Verbrechen geworden.“
„Volksverräter Minister Gabriel“
Und dann kommt die Autorin von „Widerstandsteigtauf“ unerwartet auf den von Erdogan als politische Geisel in Haft gehaltenen „Welt“-Journalisten Deniz Yücel zu sprechen: „Minister Gabriel nennt Yücel, einen selbsternannten Journalisten, der für den Springer-Verlag tätig ist, stolz einen ‘Patrioten mit Migrationshintergrund‘. Hier beweist Gabriel einmal mehr, dass er ein verquerter Volksverräter ist.“
Spätestens hiermit dürften alle Unklarheiten über die äußerst rechte, rassistische Zuordnung der Kölner Aktivistengruppe beseitigt sein.
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