Europäische Rechte unterstützen die „Initiative Besorgte Eltern“

Europäische Redner im Schatten des Kölner Doms: Mathias Ebert, Béatrice Bourges, Farida Belghoul, Alain Escada (v.l.n.r.) (Foto: mb)

Europäische Redner im Schatten des Kölner Doms: Mathias Ebert, Béatrice Bourges, Farida Belghoul, Alain Escada (v.l.n.r.) (Foto: mb)

Auf den ersten Blick wirken sie skurril – aber harmlos. Doch bei genauerem Hinsehen stellt man fest, dass die „Initiative Besorgte Eltern“ nicht nur fragwürdige Positionen zur Sexualaufklärung vertritt. Es bestehen auch Kontakte zu europäischen religiösen und homophoben Rechten. Aus einem 300-köpfigen Demonstrationszug heraus griffen Teilnehmer in Köln sogar Gegendemonstrantinnen und Gegendemonstranten an. Ein multimedialer Beitrag.

In Baden-Württemberg machte die Initiative bereits gegen den Bildungsplan der grün-roten Landesregierung mobil, der sexuelle Orientierung, sexuelle Vielfalt und Gender fächerübergreifend auf den Unterrichtsplan setzt. Einen einzigen Pressebericht verlinkt die Initiative dazu auf ihrer Homepage. Der Link führt zu dem rechtspopulistischen Blog PI News.

Endstation: Gegendemonstranten blockieren die Demonstrationsroute (Foto: mb)

Endstation: Gegendemonstranten blockieren die Demonstrationsroute (Foto: mb)

In Köln demonstrierte die Initiative am Samstagnachmittag „Gegen den Sexualkundeunterricht in Grundschulen“. Auch heimische Rechtspopulisten sind gekommen. „Auf der Demonstration“, berichtet die Kölner Internetzeitung report-k.de, „waren auch Mitglieder der als rechtsextrem geltenden Bürgerbewegung „Pro Köln“ zu sehen“.

„Kinder sexuell stimulieren“

Gerd Hengsberg, Sprecher der Initiative, führte seine Vorstellungen des Sexualkundeunterrichts detailliert aus. In NRW gäbe es eine Richtlinie, die unter anderem zum Ziel habe, Kinder sexuell von Eltern und Erziehern stimulieren zu lassen.

Unterstützung aus Frankreich

Wie sich Eltern gegen Sexualerziehung in Schulen wehren könnten, berichtete anschließend Farida Belghoul aus Frankreich. Eltern sollten ihre Kinder aus Protest gegen die Sexualaufklärung an einem Tag im Monat nicht mehr in die Schule schicken. Dafür hat sie die Kampagne „Journée de Retrait de l’École“ („Tag der Schulverweigerung“) gegründet.

Belghoul, die laut der Süddeutschen Zeitung vor dreißig Jahren in der französischen Antirassismusbewegung engagiert war, kämpft nun in der Querfront-Organisation „Égalité et Réconciliation“ („Gleichheit und Versöhnung“) gegen die Gender-Theorie. Die Organisation unterstützte zumindest zeitweise die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen vom „Front National“.

Ordner führen den Demonstrationszug an © Max Bassin

Ordner führen den Demonstrationszug an © Max Bassin

Nach ihr ergriff Béatrice Bourges das Wort. „Habt keine Furcht“, rief sie den Anwesenden zu. „Wir werden siegen.“ Bourges war Sprecherin der Initiative „Le Manif pour Tous“, die in Frankreich Massendemonstrationen gegen die gleichgeschlechtliche Ehe organisierte. Ihre Tätigkeit als Sprecherin endete, als sie im März 2013 militante Demonstrantinnen und Demonstranten dazu aufrief, eine genehmigte Demonstrationsroute zu verlassen und in einer Bannmeile um den Champs Elysées zu demonstrieren. Seitdem ist sie Sprecherin des neu gegründeten katholischen Bündnisses „Le Printemps français“ („französischer Frühling“), das sich ebenfalls gegen die „Homo-Ehe“ richtet.

Piusbruder aus Belgien

Ein weiterer Katholik kam aus Belgien: Alain Escada. Er ist Vorsitzender des Vereins Civitas, der der Piusbruderschaft nahe steht. Zeitweise engagierte er sich bei der „Front nouveau de Belgique“, einer Abspaltung des rechten „Front national de Belgique“. Der Kampf gegen die „sexuelle Revolution“, so führte er in Köln aus, sei ein Kampf zwischen Christus und dem Teufel.

Ordner gehen gegen Sitzblockierer vor © Max Bassin

Ordner gehen gegen Sitzblockierer vor © Max Bassin

Rund 100 Gegendemonstrantinnen und -demonstranten stellten sich dem Marsch mehrmals in den Weg. Zahlreiche Ordner drängten, schubsten und drückten gemeinsam mit der Polizei die Protestierenden beiseite. Ein junger Mann berichtete später: „Breitschultrige Teilnehmer und Ordner sind gezielt auf uns losgegangen. Dabei haben sie uns geschlagen, getreten und uns teilweise sogar gewürgt. Einige von ihnen hatten auch Stöcke mit denen sie auf uns losgegangen sind.“ Weitere Zusammenstöße folgten. „Ein Demonstrant hat mich absichtlich zu Boden geschmissen und im Vorbeigehen gezielt getreten“, berichtete eine Gegendemonstrantin. Ihre Schienbeine wiesen Schürfwunden und Blutergüsse auf. Eine dritte Blockade stoppte den Aufzug endgültig: die Demonstration kehrte nach nur 300 Metern Marschroute um.
Bei der Kölner Polizei stand am Samstagnachmittag kein Beamter für eine Stellungnahme zum Polizeieinsatz zur Verfügung. Warum die Ordner, selbst Demonstrationsteilnehmende, augenscheinlich Aufgaben der Polizei wahrzunehmen versuchten, bleibt ungeklärt.

Die „Initiative Besorgte Eltern NRW“ beabsichtigt am 14. Mai wieder nach Köln zu kommen, denn dann findet auch eine Fachtagung der „Schule der Vielfalt“ gegen Homophobie statt. (mb)

Nachtrag, 02. April 2014

Nach „Besorgte Eltern“-Demo: Diskussion über Gewalt

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Trotz aller Diskussionen: Vor Ort überwog friedlicher Protest gegen die „Initiative Besorgte Eltern“ © Max Bassin

Von wem ging am 22. März die Gewalt in Köln aus? Die Sympathisanten der „Initiative Besorgte Eltern“ fühlen sich medial falsch dargestellt. Ein von der Initiative ins Internet gestelltes Video zeigt, wie einzelne Gegendemonstranten die Aufklärungsgegner attackieren. Auch die Polizei hat sich inzwischen zu den Geschehnissen geäußert.

Im Video ist ein vermummter Gegendemonstrant zu sehen, der mehreren Ordnern vermutlich Pfefferspray ins Gesicht sprüht. Dokumentiert ist auch wie ein zweiter Gegendemonstrant einen Ordner tritt. Ein dritter Gegendemonstrant versuchte eine Kamera der „Besorgten Eltern“ mit einem Schlag am filmen zu hindern.

Das Video zeigt deutlich wie ein Gegendemonstrant eine Flüssigkeit sprüht © Screenshot

Das Video zeigt deutlich wie ein Gegendemonstrant eine Flüssigkeit sprüht © Screenshot

Mit Veröffentlichung des Videos ist klar, dass auch einzelne Gegendemonstranten Gewalt gegen Versammlungsteilnehmer angewandt haben. Diese Erkenntnis widerspricht aber nicht den Schilderungen von report-k.de und einem ersten Artikel im Störungsmelder, wonach auch Ordner gewalttätig wurden. Das Video ergänzt aber den Gesamteindruck. Offenbar spielte sich die gezeigte Szene von Journalisten unbeobachtet ab und wurde deswegen bei einer ersten Berichterstattung nicht mit einbezogen. Das Video zeigt allerdings nicht, was unmittelbar vor dem Versprühen des Sprays passierte, also wie es überhaupt zu dieser Situation kam.

Im Video zu sehen ist auch, dass zu dem Zeitpunkt an dieser Stelle keine Polizeikräfte die Demonstranten und Ordner von den Gegendemonstranten trennten. Ähnlich war es auch zu Beginn der Kundgebung am Roncalliplatz. Zeitweise schirmten die Ordner der „Besorgten Eltern“ ihre Versammlung gegen die Gegendemonstranten ab. Dabei überstieg dies offenbar ihre Befugnisse. Auf Nachfrage erklärte die Kölner Polizei: „Ordner, die nach Genehmigung durch die Versammlungsbehörde vom Versammlungsleiter eingesetzt werden, haben lediglich Befugnisse in Richtung ihrer eigenen Versammlungsteilnehmer. Der Schutz der Versammlung vor Beeinträchtigungen von außen ist Aufgabe der Polizei.“ Allerdings stünden auch Ordnern „Notwehrrechte, also Jedermannrechte zu, sofern sie angegriffen werden“.

Zeitweise standen sich Gegendemonstranten und Ordner direkt gegenüber © Max Bassin

Zeitweise standen sich Gegendemonstranten und Ordner direkt gegenüber © Max Bassin

Die Polizei hat wegen des Pfeffersprays ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung eingeleitet. Eine Anzeige seitens der Geschädigten liegt allerdings nicht vor (Stand: 29. März). Die Polizei teilte unterdessen mit, dass eine zweite Strafanzeige wegen Sachbeschädigung aufgenommen wurde. Ein Gegendemonstrant habe einem Versammlungsteilnehmer das Handy aus der Hand geschlagen und dieses dabei beschädigt. Im weiteren Verlauf habe der Beschuldigte Widerstand gegen Polizeibeamte geleistet. Von Amts Wegen her wurde zudem „eine Strafanzeige wegen einer nicht angemeldeten Versammlung unter freien Himmel nach dem Versammlungsgesetz erstattet“. Gemeint ist die Versammlung der Gegendemonstranten.

Auffallend ist, dass sich die „Initiative Besorgte Eltern“ nicht zu den strittigen Rednern äußert, weder in einer Beschwerdeemail noch auf ihrer Website. Und auch ihre Fürsprecher hüllen sich trotz einiger Kommentare im Internet über die internationalen Redner und deren politische Haltungen in Schweigen. Allenfalls werden die unterschiedlichen Religionszugehörigkeiten der Demonstrierenden als Zeugnis einer nicht-rechten Haltung präsentiert. Dabei wird verkannt, dass der Vorwurf, die Demonstranten seien „rechts“ oder gar „Nazis“, von den kritisierten Medien nie erhoben wurde. Dass politische oder gesellschaftliche Weltanschauungen nicht von Herkunft, Religion oder Hautfarbe abgeleitet werden können, ist den Fürsprechern offensichtlich nicht klar. (mb)

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