Etwa acht Wochen ist es nun her, dass Tobias R. in einem extrem rechten und rassistischen Terrorakt neun junge Menschen ermordet hat: Ferhat Unvar, Vili Viorel Păun, Hamza Kurtović, Sedat Gürbüz, Fatih Saraçoğlu, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Gökhan Gültekin, Kaloyan Velkov. Im Anschluss tötete R. seine Mutter und sich selbst.
„Was vorgefallen ist, tut mir so in der Seele weh. Mein Herz blutet dermaßen, ich kann nicht in Worten beschreiben, was passiert ist“ – so näherte sich der Hanauer Kemal Kocak, der viele Opfer des Anschlags kannte, dem Schmerz der Angehörigen und Freund*innen. Nicht nur seine auf der Trauerfeier in Hanau gehaltene Rede, die bei YouTube[1] abrufbar ist, erhielt viel Resonanz, auch darüber hinaus war die Anteilnahme in den sozialen Medien sowie der analogen Welt groß, wenn auch noch lange nicht ausreichend. Die erneuten Mahnungen, nun endlich über Rassismus in Deutschland zu sprechen und die Beteuerungen, den rechten Terror ernst zu nehmen, scheinen in Zeiten der Corona-Krise in weite Ferne gerückt zu sein. Dabei sind für Personen, die (im Gegensatz zu den Verfasser*innen) täglich von Rassismus betroffen sind, die Ängste vor Diskriminierung und Gewalt weiterhin da und eine alltägliche Realität. Daneben gibt es auch die Wut, wie sie migrantische Initiativen zum Ausdruck bringen, die anlässlich des Anschlags von Hanau für den 8. Mai zu einem „Tag des Widerstands“ aufrufen oder auch die scheinbare Resignation angesichts einer Ignoranz gegenüber der Allmacht rassistischer Vorstellungen: „Ich habe keine Angst, ich bin nicht wütend, ich bin auch nicht mehr traurig“, schreibt Tarik Tesfu. „Ich fühle irgendwie nichts. Weil Rassismus, rechter Terror und das Wegschauen von Politik und Co. mich stumpf machen. Das ist das Schlimmste.“[2] Weiterlesen →