Der Artikel wurde erstmals am 18.02.2022 auf der neuen Seite der mbr Köln veröffentlicht.
Vor zwei Jahren, am 19. Februar 2020, tötete ein Attentäter in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven: Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov. Anschließend erschoss der Täter seine Mutter und sich selbst.
Angehörige der Opfer sowie mit ihnen solidarische Menschen haben sich in der Initiative 19. Februar zusammengefunden, um sich gegenseitig zu unterstützen und den Forderungen nach Aufklärung und politischen Konsequenzen einen dauerhaften Ort zu geben. Die Initiative möchte an die Namen der Opfer erinnern und „den rassistischen Normalzustand im Alltag, in den Behörden, den Sicherheitsapparaten und überall […] beenden“. Weiter betten sie den rassistischen Anschlag in Hanau in die rechte Hetze von Politiker*inne, Parteien und Medien ein und widersprechen der Annahme, dass es sich um einen rechten Terrorakt eines Einzeltäters gehandelt habe. Sie betonen „Rassismus, egal in welcher Form, darf nicht mehr geduldet, verharmlost oder ignoriert werden.“.
Hoffnungen wurden in die Untersuchungen des Generalbundesanwaltes gesetzt, der seine Ermittlungen im Dezember 2021 einstellte. Es hätten sich „keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Beteiligung weiterer Personen als Mittäter, Anstifter, Gehilfen oder Mitwisser“ ergeben. Die Initiative kritisiert, dass die Rolle des Vaters des Täters nicht ausermittelt sei. „Vielmehr haben sich im Zusammenhang mit dem Prozess im Oktober 2021 wegen Beleidigungen des Vaters neue Hinweise darauf ergeben, wie offensiv der Vater das rassistische Weltbild seines Sohnes teilt“, so die Initiative. Im hessischen Landtag war schon vor einiger Zeit ein Untersuchungsausschuss zu den Geschehnissen in Hanau eingerichtet worden. Dieser soll unter anderem klären, ob der der Anschlag hätte verhindert werden können, welche Pannen beim Einsatz in der Tatnacht unterliefen und zu welchen Versäumnissen es nach dem Anschlag kam. Im Dezember 2021 tagte der Untersuchungsausschuss erstmals öffentlich.
Zu Beginn wurden die Angehörigen angehört. Empörung über Polizei und Innenministerium äußern sie seit Monaten und sprechen über den Normalzustand von institutionellem Rassismus. Sie wollen wissen: Gab es Versäumnisse bei der Ausstellung der Waffenerlaubnisse für den Täter? Warum war die Notrufnummer 110 am Tatabend für Vili Viorel Păun und andere nicht erreichbar? Welche Verantwortung tragen Hessische Behörden dafür, dass der Notausgang am zweiten Tatort verschlossen war? Und was wussten die Behörden über den Täter und dessen Vater und wie wurde mit diesen Informationen umgegangen?
Vaska Zlateva, die Cousine von Kaloyan Velkov, sagte: „Ich möchte, dass alle, die Fehler gemacht haben in der Tatnacht und danach, bestraft werden, ich möchte, dass man sich für diese Fehler entschuldigt.“ Wie auch in anderen Fällen wird es wohl auf viele Fragen keine Antworten geben. In der Verantwortung der Zivilgesellschaft bleibt hingegen nun, dass die rassistischen Morde von Hanau und die Namen der Opfer nicht in Vergessenheit geraten. Die Zivilgesellschaft kann sich der Forderungen der Initiative 19. Februar nach angemessener Erinnerung, sozialer Gerechtigkeit, lückenloser Aufklärung und politischer Konsequenzen anschließen.
Der Aufruf, welchen die Initiative zwei Jahre nach dem rassistischen Anschlag in Hanau veröffentlichte, endet mit den Worten: „Gegen die Angst. Für das Leben. Erinnern heißt verändern!“.