Mit der „Vierten Welle“ und einer erneuten Verschärfung der pandemischen Lage gerieten in den letzten Wochen auch das Thema „Impfung“ sowie die Maßnahmen gegen die Pandemie verstärkt in den Fokus der extremen rechten Akteur*innen. So auch im Regierungsbezirk Köln. Corona-Leugner*innen und ihr Umfeld setzt ihre Aktivitäten in Form von Aktionen wie „Spaziergängen“, Provokationen am Rande des Karnevals oder dem Protest-Singen von Weihnachtsliedern fort. Letzteres geschah beispielsweise vor dem Weihnachtsmarkt am Kölner Stadtgarten, der unter 2-G-Regeln durchgeführt wird. Aber auch über die verschwörungsideologischen Maßnahmen-Gegner*innen hinaus wird das Thema gerade heiß diskutiert. So beweint etwa der Kreisverband Rhein Erft der neonazistischen Splitterpartei „Die Rechte“ mit Krokodilstränen die „Gesellschaftsspaltung durch 2 G“ beim kölschen Karneval. Auch die aus der extrem rechten Partei „Pro NRW“ hervorgegangene Kleinstpartei „Aufbruch Leverkusen“ hat derzeit kaum ein anderes Thema und erfand extra den Begriff „Karnevals-Apartheid“. In diesem Kontext rief der „Aufbruch“ auch zum „Protest gegen die Apartheid“ und zum „zivilgesellschaftlichen Widerstand“ auf.
Auch die AfD reiht sich in die Mobilisierung mit ein und im AfD-Kreisverband Leverkusen und Oberberg wird in gewohnt populistischer und aggressiver Manier von „Impf-Apartheid“ gesprochen. Die AfD-Funktionär*innen scheinen bemerkt zu haben, dass sie das Thema „Impfen“ lange eher verschlafen haben und deshalb in der Corona-Pandemie trotz rechtsoffener Mobilisierungen bisher nicht dazugewinnen konnten. Die AfD und die Junge Alternative riefen auch zu einer „Demo gegen Impfzwang, Inflation, Massenmigration“ in Dortmund am 30. November 2021 auf.
Als Apartheid wird eigentlich die geschichtliche Periode der staatlich und institutionell organisierten rassistischen Unterdrückung von Schwarzen und nicht-weißen Menschen in Südafrika bezeichnet (1948-1994). Dieses auf Dauer angelegte System systematischer Benachteiligungen schloss nicht-weiße Menschen vom aktiven und passiven Wahlrecht, von gleichwertiger Schulbildung, von weiten Teilen des öffentlichen Lebens und der Teilhabe an kulturellen, gesellschaftlichen und demokratischen Prozessen nahezu komplett aus. Wenn nun die AfD und andere Akteur*innen der extremen Rechten diesen Begriff für eine zeitlich begrenzte und dem Allgemeinwohl geschuldete teilweise Ungleichbehandlung von freiwillig ungeimpften Staatsbürger*innen in Deutschland benutzen, ist das eine klare und eindeutige Relativierung der grausamen rassistischen und kolonialen Verbrechen der weißen Minderheit in Südafrika während der Zeit der historischen Apartheid. (dp)