Gedenkstätte Löwenbrunnen geschändet

In der Nacht vom 10. zum 11. Juli 2020 wurde das Wasser mehrerer Brunnen in der Kölner Innenstadt mit roter Farbe verunreinigt. Im unmittelbaren Umfeld wurden Parolen mit dem Slogan „animals bleed for human greed“ (dt. „Tiere bluten für die Gier von Menschen“) angebracht. Zu dieser Aktion bekannte sich in sozialen Medien die Gruppe „Animal Rebellion Köln“. In einem Schreiben äußern die Tierrechtsaktivist*innen u. a., dass sie „[m]it dieser symbolischen Aktion […] der Regierung vor[werfen wollten], dass sie Blut an Ihren Händen haben durch Verbrechen gegen das Tierwohl, die Ausbeutung von Menschen und die Zerstörung von Lebensgrundlagen in der industriellen Massentierhaltung.“ Daneben finden sich Forderungen nach einem „Systemwandel hin zu einem gerechten pflanzenbasierten Ernährungssystem“.[1]

Als ein Ziel ihrer Sprüh- und Wasserfärbeaktion wählte die Gruppe die Gedenkstätte Löwenbrunnen am Erich-Klibansky-Platz. Diese Stätte, 1990 errichtet, erinnert an mehr als 1.100 jüdische Kinder und Jugendliche, die während des Nationalsozialismus deportiert wurden. Ihre Namen sind an dem Brunnen angebracht.

Eine Gedenkstätte schänden, um Forderungen nach vegetarischer Ernährung Nachdruck zu verleihen? Die Reaktionen lokaler Vereine, der Synagogen-Gemeinde Köln (SGK) und vieler Kölner*innen waren angemessen scharf. Abraham Lehrer, Vorstand der SGK, bezeichnete die Aktion treffend als „Akt der grenzenlosen Geschmacklosigkeit“ und als „Verhöhnung der Opfer des Holocaust, insbesondere der Kinder und Jugendlichen sowie deren überlebenden Angehörigen“.[2] Auch auf Facebook und Twitter hagelte es Kritik gegenüber „Animal Rebellion Köln“ – und diese blieb nicht folgenlos.

Am 13. Juli 2020 verbreiteten die Tierrechtsaktivist*innen auf Twitter ein Entschuldigungsschreiben, in dem sie auf ihre völlige Unkenntnis des „symbolischen und/oder oder historischen Hintergrund[s]“ der Gedenkstätte verweisen. Pauschal distanzierten sie sich „von jeglichen Formen der Diskriminierung“ und gaben an: „Wir bedauern, dass hier der jüdischen Kultur unbeabsichtigt Unrecht getan wurde“. Aktionen, so „Animal Rebellion Köln“, müssten besser durchdacht werden.

Statt Dinge beim Namen zu nennen – eine Gedenkstätte für Opfer des Nationalsozialismus wurde geschändet! – ergingen sich die Autor*innen des Textes in Reflexionen hinsichtlich eines „Unrecht[s] gegenüber jüdischer Kultur“, das sie begangen hätten. Damit zeigten sie auch ihr weiterhin fehlendes Verständnis der politischen Bedeutung und Tragweite ihrer Aktion. Dazu passend kommentierte der Vorstand des Arbeitskreises Lern- und Gedenkort Jawne, zu dem die Gedenkstätte gehört, in einer Pressemitteilung das Geschehene mit den Worten: „Wir können uns keine Argumentation vorstellen, die diese Schändung erklärt, und wir wollen es auch nicht. Es ist einfach nur zum Kotzen.“[3]

Aktualisierung vom 16.07.2020:
Am 15. Juli 2020 veröffentlichte die Kölner Tierrechtsgruppe ein weiteres Entschuldigungsschreiben, das nunmehr Veränderungen hinsichtlich der Wahrnehmung und Einordnung der begangenen Tat erkennen lässt. In ihrem auf Facebook zugänglich gemachten Text gehen die Aktivist*innen mit Blick auf ihr erstes Schreiben selbstkritisch darauf ein, dass „[d]as Gedenken an den Holocaust […] nicht ‚jüdische Kultur‘, sondern Teil unser aller Erinnerungskultur [ist], um zu verhindern, dass sich ein solches Ereignis jemals wiederholt.“ Die Gruppe entschuldigt sich und gibt an, dass sie die Verantwortung für ihre zu späten Reaktionen und ihre Versäumnisse dahingehend übernimmt, nicht „gut genug recherchiert zu haben“. Darüber hinaus kündigt sie an, sich im Kontakt mit dem Lern- und Gedenkort Jawne über Möglichkeiten und Formen der Wiedergutmachung verständigen zu wollen.

[1] Alle Fehler in den Zitaten von „Animal Rebellion Köln“ im Original

[2] Quelle: https://www.juedische-allgemeine.de/politik/synagogen-gemeinde-entsetzt-uber-blutrot-gefarbten-brunnen/. Zugriff: 14. Juli 2020.

[3] Quelle: https://www.jawne.de/content/aktuelles/index_ger.html. Zugriff: 14. Juli 2020.

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