Finanzierung der Dachverbände der Betroffenen-, Aussteiger- und Mobilen Beratung für 2020 nicht gesichert
Der Bundesverband Mobile Beratung wurde Ende 2014 gegründet und konnte in den knapp fünf Jahren seines bisherigen Bestehens viel bewegen. Aktuell sind knapp 150 Berater*innen des noch jungen Berufsfelds der Mobile Beratung Teil der BAG Mobile Beratung, die sich im Bundesverband organisiert. Sie stehen für 48 Teams/Kontaktstellen und 34 Träger in allen 16 Bundesländern.
Die Arbeit des BMB und der beiden anderen Dachverbände VBRG und BAG AzE steht allerdings vor dem Aus. Bisher gibt es keine Perspektive für eine Antragstellung in der zweiten Förderperiode des Programms „Demokratie leben!“. Dieser Fehler in der Programmkonstruktion muss korrigiert werden, um weiterhin mit starken Verbänden eine starke Beratungsarbeit vor Ort abzusichern – durch Austausch, Weiterentwicklung und Vernetzung.
Erfolgreicher Strukturaufbau
Vor allem durch die finanzielle Projektförderung des BMFSFJ im Programm „Demokratie leben!“ zur „Strukturentwicklung zum bundeszentralen Träger“ konnte dieser beispielhafte Aufbau fachlicher und länderübergreifender Vernetzung gelingen. Heute unterstützt der BMB Teams und Berater*innen durch Qualifizierungsmaßnahmen, durch Möglichkeiten für fachliche Reflexion und Austausch, durch Begleitung beim Aus- und Aufbau von Beratungsteams sowie durch eigene Ressourcen zur Professionalisierung des Arbeitsfeldes. In einem mehrjährigen und partizipativen Prozess haben sich die Berater*innen auf gemeinsame Linien verständigt, die im letzten Jahr als „Inhaltliche und methodische Grundsätze Mobiler Beratung gegen Rechtsextremismus“ veröffentlicht wurden. Die Arbeit der Dachverbände wird wissenschaftlich begleitet und evaluiert, die Ergebnisse sind ausgesprochen positiv. Der BMB ist bundesweit gut vernetzt mit Fachverbänden der Jugendhilfe, der Sozialen Arbeit, der (pädagogischen) Beratung, mit Institutionen und Verbänden der politischen Bildung, mit gewerkschaftlichen Einrichtungen, politischen Stiftungen und mit den Wohlfahrtsverbänden.
Fortführung und Aufwuchs wird begrüßt
Wir begrüßen die Fortführung des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ und die durch Ministerin Giffey mehrfach betonte Fokussierung auf Betroffenen-, Ausstiegs- und Mobile Beratung in den Ländern. Hier wird tatsächlich ab 2020 mehr Geld zur Verfügung stehen, um vor Ort Engagierte und Betroffene unterstützen zu können. Umso irritierter sind wir über die aktuellen Signale aus dem BMFSFJ – offenbar steht die Förderung der Dachverbände VBRG, BAG AzE und des BMB vor dem Aus. Die Verbände sind in den letzten Jahren zu einem wichtigen Akteur für die Beratungsteams vor Ort geworden: sie sind zuverlässiger Partner, fachliche Unterstützung, stellen die Infrastruktur für länderübergreifenden Austausch zur Verfügung und sind Impulsgeber für die Arbeit gegen Rechtsextremismus und für eine demokratische Kultur. Damit garantieren sie professionelle Standards und Grundsätze der Beratungsarbeit, fördern ihre Weiterentwicklung und stärken die Beratungsteams – und damit auch diejenigen, an die sich die Beratung richtet.
Keine Perspektive trotz Gesprächen
Trotz vielfacher Gespräche zwischen dem BMFSFJ und den Dachverbänden gibt es bisher kein Angebot des Ministeriums, wie die Arbeit der Verbände über eine entsprechende Projektförderung ab dem 1.1.2020 abgesichert werden kann. In den bisherigen Planungen des BMFSFJ für die neue Programmphase von „Demokratie leben!“ ist an keiner Stelle eine aussichtsreiche Antragstellung für die Dachverbände vorgesehen. Vielmehr soll die Verantwortung für die Finanzierung an die Länder weitergegeben werden. Aus Sicht der Dachverbände liegt die Verantwortung für die Finanzierung allerdings eindeutig beim Bund – zumal mit der aktuell angedachten Förderung die Dachverbände zu Konkurrenten ihrer eigenen Mitglieder um Fördermittel würden.
Dass gerade in der aktuellen gesellschaftspolitischen Lage die erfolgreich aufgebauten Angebote der Dachverbände vor dem Aus stehen, ist kaum zu begreifen. Vor dem Hintergrund steigender rechter, rassistischer und antisemitischer Straftaten und einer verunsicherten und herausgeforderten Zivilgesellschaft steigen auch die Beratungsanfragen und der Unterstützungsbedarf von Bürgerbündnissen, Verwaltungen, Verbänden, kirchlichen Einrichtungen, Schulen und Bildungseinrichtungen und vielen anderen zivilgesellschaftlichen Kräften. Daher brauchen die Kolleg*innen in den Beratungsteams Unterstützung, länderübergreifende Zusammenarbeit und eine gemeinsame Stimme.
Starke Beratung braucht starke Verbände
Starke Beratung vor Ort braucht starke Verbände – wir bitten daher Ministerin Giffey, diesen Webfehler in der Neustrukturierung des Bundesprogramms zu korrigieren und die Arbeit der Dachverbände abzusichern. Der Bundesverband Mobile Beratung arbeitet im Namen der durch ihn vertretenen Beratungsteams und Berater*innen konstruktiv an Lösungen mit und hofft weiterhin auf einen gemeinsamen Weg im Sinne der Arbeit für Demokratie und Menschenrechte.
Bundesverband Mobile Beratung e.V.