Rechte Verschwörungstheoretiker und Neonazis im Verbund mit „Wutbürgern“ sind im Samstag durch Köln gezogen.
In Köln demonstrierte eine bizarre Mischung aus 120 Verschwörungstheoretikern, Neonazis und „Wutbürgern“ hinter dem Bahnhof sowie im anliegenden Kunibertsviertel. Aufgerufen hierzu hatten diverse Kleinstgruppen, Hauptanmelder waren die selbst ernannten „Patrioten NRW“. Auch die „Identitären“ hatten für die Kundgebung geworben, machten sich während der Veranstaltung jedoch nicht als Gruppe bemerkbar.
Kundgebungsmotto war „Für die Meinungsfreiheit“. Was sie hierunter verstehen, hatte bereits ein Redner auf der rechten Demonstration am 2. Juni in Solingen deutlich gemacht: Er forderte unter Beifall, im Einklang mit Neonazi-Gruppen wie „Die Rechte“, Freiheit für die in Haft sitzende Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel.
„Genozid am deutschen Volk“
Die Reden waren allesamt extrem nationalistisch, beschimpft wurden in vulgärster Weise durchgehend alle politischen Parteien sowie die Gegendemonstranten. Inwiefern sie sich hierbei über „eingeschränkte Meinungsfreiheit“ beschweren konnten, bleibt ein Rätsel. Kanzlerin Angela Merkel und die Grünen wurden immer wieder als „Volksverräter“ und als „Deutschlandzerstörer“ bezeichnet, ohne dass die Polizei einschritt. Man schwadronierte in Nazidiktion von „Dekadenz, Dummheit und Selbstzerstörung“, mehrere Redner sprachen von „den Systemparteien“, von täglicher „Gewalt gegen Deutsche“ durch Migranten, in wahnhaft-antidemokratischer Weise von der „Denkdiktatur“, vom „Genozid am deutschen Volk“, von „illegalen Waffenlieferungen an Israel“ und von der „Asylindustrie“. Die Herrschenden würden „den Islamisten die Füße küssen“. Ein Kundgebungsredner prangerte einen „links sitzenden Judas, Schmarotzer und Verräter“ an. Auf einem riesigen Plakat stand in hilflosestem Wutbürger-Deutsch: „Demokratie statt Merkel – Entschafung jetzt.“
Mehrere Demonstranten präsentierten sich in den obligatorischen Neonazi-T-Shirts: „Nationaler Stolz ist kein Verbrechen“, „Terrormusic – darunter prangte ein großformatiger Revolver, „Widerstand“. Ein Grauhaariger forderte „Wo Recht zu Unrecht wird wird Widerstand zur Pflicht“. Ein Demonstrant, der außerhalb des für die extremen Rechten vorgesehenen Demonstrationsbereiches stand und sich auf Nachfrage als AfD-Mitglied vorstellte, vollführte öffentlich auf einem Plakat eine typische antisemitische Täter-Opfer-Umkehrung: Er schrieb von „Hetze in Deutschland“, darunter prangte der gelbe „Judenstern“ und dann ein AfD-Flyer: „2013 – ?.“ Ein Plakat forderte „Antifa nach Afrika“. Auch eine Neonazi-Frau aus Köln sowie mehrere Neonazis aus Nordrhein-Westfalen waren anwesend. Bei ihrem von einem Großaufgebot der Polizei begleiteten Marsch durch das Kunibertsviertel wurden die extrem rechten Demonstranten von einem Großaufgebot der Polizei begleitet.
„Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“
An mehreren Orten hatten sich 700 eher links orientierte Personen vor allem von „Kein Veedel für Rassismus“ und „Köln gegen Rechts versammelt“, die sich den sehr rechten Fremdenfeinden an mehreren Orten entgegenstellten. Bereits eine Stunde vor Kundgebungsbeginn zogen rund 200 Gegendemonstranten vom Ebertplatz aus zur Rückseite des Hauptbahnhofs. Zahlreiche in Fenstern angebrachte Plakate, orange Transparente und auf die Straße gemalte Kreideschriftzüge protestierten gegen die obsessive Fremdenfeindlichkeit der extrem rechten Demonstranten.
In den Aufrufen zur rechten Demo dominierten offen neonazistische Parolen wie „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“, „Frei, sozial und national“ oder „Wer Deutschland nicht liebt soll Deutschland verlassen“ sowie „Festung Europa – macht die Grenzen dicht“. Die Polizei machte kein einziges Mal den Versuch, das Rufen dieser rechtsradikalen Losungen zu untersagen. Nach einer absolut friedlichen Straßenblockade von 20 Menschen – die extremen Rechten waren zwischenzeitlich in eine andere Straße geleitet worden und gelangten ungestört wieder zum Hauptbahnhof – wurden die Personalien aller umstehenden 50 Personen festgehalten, obwohl sich die Mehrzahl von ihnen nicht an den Blockaden beteiligt hatten. Die polizeiliche Ansprache hatte sich eindeutig auch nur an die friedlich auf der Straße Sitzenden gerichtet.
Von Jennifer Marken
Der Beitrag erschien zuerst auf „blick nach rechts“