Urteil gegen Reker-Attentäter

Frank S., der die damalige OB-Kandidatin Henriette Reker am Tag vor der Wahl im Oktober 2015 bei einer Wahlkampfveranstaltung mit einem Messer angriff und sie sowie vier WahlkampfhelferInnen teils schwer verletzte, wurde am 1. Juli 2016 des versuchten Mordes schuldig gesprochen und zu 14 Jahren Haft verurteilt. Die Richterin blieb mit ihrem Urteil unter den Forderungen von Staatsanwaltschaft und Nebenklage, die lebenslang gefordert hatten. Als strafmildernd bewertete sie Frank S.s Persönlichkeitsstörung, die ihre Ursachen in seiner schweren Kindheit habe. Damit geht der Prozess am Oberlandesgericht Düsseldorf mit zwölf Prozesstagen und vielen – ziemlich wirren – Einlassungen des Angeklagten, etlichen Entpflichtungsanträgen gegen seine Verteidiger und bedrückenden Schilderungen der Geschädigten zu Ende.

S. gestand Planung und Durchführung der Tat Er bestritt jedoch, dass er Reker habe töten wollen. Nur ein Zeichen habe er setzen wollen, indem er sie verletzte. Er beharrte auch immer wieder darauf, nur Reker mit dem großen Bowie-Messer attackiert zu haben. Direkt danach will er es weggeworfen haben und das kleinere Butterfly-Messer gezogen haben, um sich gegen die Menge zu schützen, die ihn habe attackieren wollen. Dass dieser Schilderung DNA-Spuren, Gutachten und Aussagen von ZeugInnen entgegenstehen, brachte ihn nicht zum Zweifeln an seiner Version. Stattdessen spekulierte er über manipulierte Beweismittel und „vorauseilenden Gehorsam“ einer Kölner Medizinerin, die bewusst ein falsches Gutachten erstellt haben soll. Daher forderte er mehrfach ein weiteres Gutachten von einem Nicht-Kölner.

Zu Beginn des Prozesses kündigte S. mehrfach eine Einlassung zu seiner Motivation an, in der er „millionenfachen Rechtsbruch“ nachweisen werde, was seine Tat begründet habe. Mehrfach beteuerte er, er habe „Schlimmes getan, um noch Schlimmeres zu verhindern“. Oberbürgermeisterin Reker sah er dabei als Symbol für die in seinen Augen falsche Flüchtlingspolitik. Sie sei eine „linksradikale Schickeria-Ideologin“ und stehe für eine Politik, die die eigene Bevölkerung austauschen wolle, bevor diese die Regierung austausche. Außerdem habe Reker im Wahlkampf nur vorgetäuscht, parteilos zu sein. „In Wirklichkeit“ gehöre sie den Grünen an und die scheinen in seinen Augen verantwortlich für alles zu sein, was er als Übel und Fehlentwicklung ansieht. Auch die Antifa, die Hochfinanz und weitere Feindbilder kamen in seinen Tiraden immer wieder vor. Zu der angekündigten Beweisführung kam es jedoch nie – schuld seien jedoch seine Verteidiger. bzw. das Fehlen von Unterstützung durch seine Verteidiger. Die wollte er dann auch bereits in der Anfangsphase des Prozesses loswerden. Allerdings gelang ihm dies nur bei einem, der zweite wurde nicht entpflichtet und musste S. gegen dessen Widerstand bis zum Schluss verteidigen. Als dann das Plädoyer der Verteidigung anstand, schickte er voran, dass er noch nie von einem Mandanten so beleidigt worden sei. Außerdem habe S. ihm das Plädoyer untersagt, daher äußerte er sich nur zum Strafmaß und forderte die Verringerung der von der Bundesanwaltschaft geforderten lebenslangen Haftstrafe wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung.

Die VertreterInnen der Nebenklage hatten demgegenüber lebenslänglich gefordert, bei Berücksichtigung einer besonderen Schwere der Schuld. Sie argumentierten, dass auch einzelne ihrer MandantInnen potenziell lebensgefährlich verletzt worden seien.

Vor den Plädoyers stellte ein psychiatrischer Gutachter sein Gutachten zur Schuldfähigkeit des Angeklagten vor. Er attestierte ihm eine paranoide und narzisstische Persönlichkeitsstörung, dennoch sei er voll schuldfähig.

S. selbst sieht sich hingegen bei voller Gesundheit. Insbesondere auf seinen „gesunden Menschenverstand“ bezog er sich immer wieder und behauptete, würde man mit diesem an den Sachverhalt herangehen, müsse man seiner Version Glauben schenken und erkennen, dass alle anderen aus leicht zu durchschauenden Gründen gelogen hätten. Dabei brachte er auch gerade an den letzten beiden Verhandlungstagen Zweifel an der Schwere der Verletzung Rekers vor. So sei sie beispielsweise nicht umgefallen, sondern „hingelegt worden“. Der Richterin, die meist erstaunlich ruhig und pädagogisch-konstruktiv mit ihm umging, gefielen insbesondere diese Aussagen überhaupt nicht. (he)

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