Am 14.06.2014 fand in Düren-Birkesdorf die Kreissynode der evangelischen Kirche des Kirchenkreises Jülich statt. Wir dokumentieren Auszüge des Berichts.
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Nein zu Rassismus und Fremdenfeindlichkeit – Vortrag und Beschluss
Hans-Peter Killguss vom NS-Dokumentationszentrum in Köln führte den Synodalen eindrücklich vor Augen, in welcher Vielfalt Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Alltag unserer Gesellschaft vorkommen. Ob es um rechtspopulistische Äußerungen in Veranstaltungen oder am Stammtisch geht, oder ob sich Neonazismus in organisierter Form mit antidemokratischen, antisemitischen sowie ausländerfeindlichen Parolen bei Aufmärschen oder Umzügen bemerkbar macht; ob Minderheiten in Sprüchen, Parolen oder Witzen herabgesetzt werden; ob die Zeit des Nationalsozialismus verharmlost oder gar verherrlicht wird – allenthalben ist menschenverachtendes Gedankengut lebendig und wirksam. Das lässt sich auch daran festmachen, dass antisemitische Straftaten in der Region um Aachen stark zugenommen haben.
Besonders fatal wird es, wenn beispielsweise NPD-Anhänger im Saarland vor ihrem Parteitag demonstrativ einen evangelischen Gottesdienst besuchen, um anschließend zu verlautbaren, es sei kein Widerspruch, zum einen seinen christlichen Glauben zu leben und zum anderen „nationale Politik für ein anderes Deutschland aktiv zu betreiben“.
Der Referent führte an sprechenden Beispielen die rechtsextremen Wurzeln von „Pro Köln“ und „pro NRW“ vor Augen, die sich nicht zuletzt in der Hetze gegen Flüchtlinge oder Sinti und Roma äußern. Dass Christinnen und Christen sich nicht scheuen, auf diesen Zug aufzuspringen, zeigt die Gruppe „Christen pro Köln“.
Die rechtsextremen und rassistischen Gruppen knüpfen geschickt bei Gefühlen, Ängsten und Vorurteilen an, die in der Bevölkerung latent oder offen vorhanden sind: z.B. Islamfeindlichkeit oder Homophobie. „Christliche Werte“ werden geschickt in Stellung gebracht, um Menschen z.B. gegen „Massenmord durch Abtreibung“ zu mobilisieren. Dabei bedient man sich gerne des Vorbildes europäischer Rechtspopulisten.
Umfragen haben ergeben, dass gut ein Viertel der Bevölkerung in der Bundesrepublik die Meinung vertritt, Ausländer kämen nach Deutschland, um den Sozialstaat auszunutzen, oder die Bundesrepublik sei durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maße überfremdet. Weitere Statistiken zeigen, dass auch „religiöse“ bis „sehr religiöse“ Menschen nicht geschützt sind vor Antisemitismus oder Fremdenfeindlichkeit.
Hans-Peter Killguss wandte sich dann dem Aspekt des Themas zu, mit dem die Synodalen sich an diesem Tag in besonderer Weise zu beschäftigen hatten: „Rechtsextreme in Kirchenämtern“. Es hat in der jüngeren Vergangenheit bereits Fälle gegeben, dass Mitglieder einer rechtsextremen Partei aus Presbyterien ausgeschlossen resp. gar nicht erst zu einem kirchlichen Ehrenamt zu gelassen wurden. Die Reaktionen aus der Bevölkerung darauf fielen sehr unterschiedlich aus, sie reichten von Zustimmung bis zur Kritik an einer Kirche, die als „Gesinnungsdiktator“ gesehen wurde. Killguss nannte Beispiele aus dem kirchlichen Bereich, wo eindeutig gegen jede Form von Rassismus, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit Stellung bezogen wurde: „Nächstenliebe verlangt Klarheit. Kirche in Sachsen für Demokratie gegen Rechtsextremismus“ oder Reformationsgottesdienstmodelle „Zur Freiheit berufen! Unser Kreuz hat keine Haken!“ der Evangelisch-lutherischen Kirche Hannover. Im Übrigen nannte er zwei Texte aus der Bibel, die jeglichem Antijudaismus/Antisemitismus den Boden entziehen: Leviticus (3. Mose) 19 und das 11. Kapitel des Römerbriefes.
Der Referent betonte zum Schluss seines Vortrages nicht zuletzt im Blick auf die Beschlussvorlage, die den Synodalen vorlag, dass Kirche Position zeigen müsse, gerade in dieser Zeit, wo sich rassistisches und fremdenfeindliches Gedankengut bis in höchste politische Ebenen (Europawahl) verbreite. Er schloss sich damit dem nachstehenden Aufruf der BAG Kirche und Rechtsextremismus an.
„Gerade als Christinnen und Christen sind wir aufgefordert uns dieser menschenverachtenden und menschenfeindlichen Ideologie massiv entgegenzustellen. […] Wir beten für Frieden und Menschenwürde, für gleiche Rechte aller Menschen ohne Ansehen der Religion, der Nationalität, der Hautfarbe, des Geschlechts, der sexuellen Identität und des Standes, für Stärkung gesellschaftlichen Engagements gegen Menschenfeindlichkeit und Gewalt. […]
Gerade weil wir als Christinnen und Christen das Recht auf freie Meinungsäußerung als hohes Gut schätzen, müssen wir uns denen entschlossen entgegenstellen, die die unveräußerlichen Menschenrechte mit Füßen treten und die Demokratie beseitigen wollen.“
(Aus dem Aufruf ‚Nächstenliebe verlangt Klarheit’ – Kein Naziaufmarsch, Nirgendwo der BAG Kirche und Rechtsextremismus)
Inspiriert durch den überaus informativen Vortrag und nach Vorarbeit des Theologischen Ausschusses sowie des Ausschusses für ökumenische Diakonie fasste die Synode anschließend einstimmig den folgenden Beschluss:
1. Die Kreissynode Jülich hält Intoleranz, Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit für nicht vereinbar mit dem christlichen Glauben und den Bekenntnisschriften unserer Kirche, insbesondere der Barmer Theologischen Erklärung von 1934.
2. Die Kreissynode Jülich hält darum die Mitgliedschaft in Parteien oder Gruppierungen, die Intoleranz, Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit fördern oder verbreiten, grundsätzlich, insbesondere das öffentliche Bekenntnis, Eintreten oder Handeln für solche, für nicht vertretbar mit der Wahrnehmung eines Haupt- und Ehrenamts in unserer Kirche.
3. Die Kreissynode Jülich bittet die Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland, die entsprechen-den Artikel der Kirchenordnung und die daraus abgeleiteten Rechtsbestimmungen wie z. B. das Presbyterwahlgesetz oder das Pfarrerdienstgesetz und die Bestimmungen für kirchlich Mitarbeitende entsprechend Absatz 2 zu ergänzen und zu verändern.
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© Johannes de Kleine
Den vollständigen Bericht gibt es hier