Prozess gegen den „Freundeskreis Rade“

„Werden die Zeiten härter, gehen wir in den Untergrund!“ (Website-Screenshot: ibs)

Heute sollte vor dem Landgericht Köln der Prozess gegen acht mutmaßliche Mitglieder der Neonazi-Kameradschaft „Freundeskreis Rade“ beginnen. Die Staatsanwaltschaft wirft den jungen Männern aus Radevormwald und Wuppertal vor, eine „kriminelle Vereinigung“ gebildet und zahlreiche Straftaten begangen zu haben. Allerdings konnte der Prozess am ersten Verhandlungstag nicht nach Plan beginnen, da sich der Strafverteidiger Jochen Lober aus Krankheitsgründen entschuldigen ließ. Zudem reichte derselbe Rechtsanwalt einen Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende Richterin ein. Die Verhandlung wurde verschoben. Mittwoch könnte, sofern alle Prozessbeteiligten anwesend sind und der Befangenheitsantrag abgelehnt wurde, mit der Verlesung der Anklage begonnen werden.

Laut Anklageschrift sollen sich die angeklagten Neonazis 2011 zum „Freundeskreis Rade“ zusammengeschlossen haben, um rechtsextremes und ausländerfeindliches Gedankengut zu verbreiten und Straftaten zu begehen. Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten außerdem vor, zahlreiche gefährliche Körperverletzungen begangen zu haben. Immer wieder wurden 2011 und 2012 MigrantInnen und vermeintlich linke Jugendliche sowie politische GegnerInnen Opfer brutaler Attacken, Bedrohungen und Diffamierungen. So attackierten im Februar 2011 bewaffnete Neonazis einen Kioskbesitzer und dessen Sohn im Ortsteil Dahlhausen. Am 20. April 2011 griffen an der Wupper feiernde Neonazi vermeintlich linke Jugendliche an. Im Januar 2012 wurde ein Polizist mit Reizgas verletzt, als er einen Parolen sprühenden Neonazi verhaften wollte. Die Anklageschrift listet zahlreiche weitere Straftaten wie Sachbeschädigungen und die Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen auf.

Sollten die Angeklagten verurteilt werden, drohen ihnen Höchststrafen von fünf Jahren (Straftatbestand „Bildung einer kriminellen Vereinigung“) bzw. zehn Jahren Haft (Straftatbestand „gefährliche Körperverletzung“). Allerdings waren sechs Angeklagte zum Tatzeitpunkt noch minderjährig oder heranwachsend, so dass sie nach dem milderen Jugendstrafrecht verurteilt werden könnten.

Unter den Angeklagten befinden sich Personen, die vormals für die „Bürgerbewegung pro NRW“ tätig waren. So sitzen auf der Anklagebank nicht nur zwei ehemalige „sachkundige Bürger“ und ein Kandidat der rechtspopulistischen Partei, sondern auch deren ehemaliger Fraktionsvorsitzender im Rat der Stadt Radevormwald. Bei der großangelegten Durchsuchungsaktion der Polizei am 25. April 2012 war auch das Fraktionsbüro von „pro NRW“ in Radevormwald durchsucht worden. Erst vier Monate nach der Razzia trennte sich die Partei von ihrem langjährigen Fraktionsvorsitzenden.

Die „Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus“ unterstützt seit mehreren Jahren engagierte BürgerInnen, Initiativen und die Stadtverwaltung bei der Umsetzung von Maßnahmen gegen die rechtsextremen Aktivitäten. Aktive vor Ort sollen in ihrer Handlungssicherheit gestärkt werden. Eine Einschätzung der Szene veröffentlichte die Mobile Beratung Anfang 2012 in der Broschüre „Berichte von unterwegs“. Der Beitrag ist hier nachzulesen.

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