Mit Spachteln und Schwämmen gegen Neonazipropaganda

Zum wiederholten Male säuberten Pulheimer BürgerInnen ihre Stadt von neonazistischen Graffiti und Aufklebern. Organisiert wurde die Aktion „Pulheim putzmunter“ von der Arbeitsgemeinschaft „Schule ohne Rassismus“, des Geschwister Scholl Gymnasiums und dem „Netzwerk buntes Pulheim“. Neonazis der „Autonomen Nationalisten Pulheim“  wurden an diesem Tag nicht gesichtet. Aktiv ist die Gruppe aber nach wie vor: erst kürzlich wurde ein führendes Mitglied wegen Körperverletzung verurteilt.

Couragierte Putzaktion

Um 11 Uhr hatten sich am vergangenen Samstag etwa 50 Personen am Pulheimer Marktplatz versammelt. Darunter befanden sich viele SchülerInnen, die gemeinsam mit LehrerInnen und BürgerInnen in mehrere Teams durch Pulheim zogen und die zahlreich angebrachte Nazipropaganda fachgerecht entfernten. Ausgestattet mit Schwämmen, Spachteln, Lösungsmittel und Wasserzerstäubern hatten nur die wenigsten Graffiti eine Chance, den Besuch der Reinigungsteams zu überstehen. Der Fundort solcher Schmierereien, die sich tatsächlich nicht entfernen ließen wurde notiert, um die Fundorte der Stadtverwaltung mitzuteilen. „Die sollen sich ruhig auch mal darum kümmern“, meinte eine ältere Schülerin.

An PassantInnen wurden eigens hierfür erstellte Flyer verteilt, die Hintergründe zu den Autonomen Nationalisten Pulheim gaben und begründeten, warum es wichtig sei, gegen Neonazis Flagge zu zeigen. Die Reaktionen der BürgerInnen fielen gemischt aus. Einige waren begeistert und freuten sich über die Putzaktion, andere reagierten desinteressiert oder skeptisch. Für Unverständnis sorgte bei den engagierten AntifaschistInnen andererseits, dass nur die wenigsten AnwohnerInnen sich um die Neonazipropaganda vor ihren Haustüren zu scheren scheinen und offensichtlich kaum jemand eigenständig dagegen aktiv wird.

Konzert geplant

Unter dem Motto „Rock für Toleranz“ findet am 2. Oktober außerdem ein Konzert gegen Gewalt und für Toleranz im Pulheimer Jugendzentrum POGO statt. Laut einer Ankündigung im Internet spielen insgesamt sieben Bands: die Krawalliere, Right to Remain Dead, Be Awesome Instead, Sinners are Saints, Die fidelen Senioren, Down by Contact, sowie Micha Benjamin & die nicht ganz perfekten.

Neonazis weiterhin aktiv und gewaltbereit

Davon, dass die Neonazis noch immer aktiv sind zeugen nicht nur die zahlreichen Sticker in Pulheim. Erst fünf Wochen zuvor hatten sich rund 20 Neonazis in der Stadt zu einer Kundgebung versammelt. Als zuständige Versammlungsbehörde verschwieg die Polizei die geplante Versammlung gegenüber der Öffentlichkeit. „Nicht einmal Ratsmitglieder wurden trotz Nachfrage über die Versammlung informiert“, ärgert sich Ratsmitglied Moritz Jungeblodt über die Informationspolitik der Beamten. „So wird demokratischer Widerstand und antifaschistisches Engagement erschwert!“. Die Pressestelle der Polizeibehörde erklärte ihrerseits auf Nachfrage, sie mache grundsätzlich „keine Reklame“ für solche Veranstaltungen.

Angemeldet wurde diese Versammlung von Renè Laube, dem ehemaligen Anführer der inzwischen verbotenen „Kameradschaft Aachener Land“. Die Gruppe Pulheimer „Autonomer Nationalisten“ unterhielt auch zu anderen mittlerweile verbotenen Neonazigruppen, beispielsweise zum „Aktionsbüro Mittelrhein“ (ABM) Kontakt. Gemeinsam mit Anführern von weiteren Kameradschaften aus dem gesamten Rheinland nahmen sie an konspirativ vom ABM ausgerichteten Treffen im rheinland-pfälzischen Bad Neuenahr teil. In Konflikt mit dem Gesetz geriet zuletzt der Kölner Moritz S., der zum Kern der Autonomen Nationalisten Pulheim gerechnet wird. Wegen zweifacher Körperverletzung verurteilte ihn das Kölner Landgericht zu einer Haftstrafe von sieben Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.  Gemeinsam mit einem weiteren Neonazi, der aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurde und weiteren Unbekannten, soll S. zwei irakische Brüder mit Pfefferspray angegriffen und verprügelt haben. Einer der Betroffenen musste daraufhin wegen eines Jochbeinbruchs zweimal operiert werden.

Wie auch schon bei der letzten Putzaktion Ende April wurden auch diesmal Forderungen nach einem gesamtgesellschaftlichen Engagement gegen rechts laut. Die neueren Entwicklungen in der Braunszene beweisen einmal mehr, dass Engagement gegen rechts weiterhin notwendig ist. (jmg/mb)

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