„Mahnwachen“ von Neonazis in Erkelenz und Heinsberg

Neonazi-"Mahnwache" in Erkelenz und Gegenprotest (Foto: mik)

Im Vorfeld der fremdenfeindlichen Aufmärsche in Stolberg haben Neonazis am Samstag in Heinsberg und Erkelenz „Mahnwachen“ abgehalten, um für die beiden Aufmärsche im April zu werben. Angeblich wollen sie so an einen von einem Migranten erstochenen Heranwachsenden erinnern. In beiden Städten kam es zu Gegenprotesten. Eine dritte „Mahnwache“ in Jülich sagten die Neonazis kurzfristig ab – und zogen es vor, an einem braunen Aufmarsch in Wuppertal teilzunehmen.

Seit 2008 finden die „Trauermärsche“ regelmäßig im April in Stolberg statt, wo in der Nacht vom 4. auf den 5. April 2008 ein zur Tatzeit 18-jähriger Migrant im Streit einen 19-jährigen Berufsschüler aus Eschweiler erstach. In diesem Jahr wollen Neonazis am 4. April eine Kundgebung am Tatort und einen „Fackelmarsch“ abhalten. Ein „Großaufmarsch“ soll dann an Ostersamstag, 7. April, in Stolberg stattfinden.

Erwartet werden abermals mehrere hundert Neonazis aus Deutschland, Belgien und den Niederlanden. Organisatoren der Aufmärsche sind der frühere Vorsitzende des NPD-Kreisverbandes Düren sowie das Mitglied des Kreistages in Düren, Ingo Haller (Niederzier), Axel Reitz (Pulheim) und die „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL). Dass es bei den Aufmärschen weniger um „Gedenken“ geht, unterstrichen Redner immer wieder.

So hatte 2011 der NPD-Kader Manfred Breidbach (Düsseldorf) bei einem solchen Aufmarsch unter anderem gegen „Krawatten tragende Parasiten in den Parlamenten“, den „verkackten Propheten Mohamed“ und die „multikulturelle Pest“ gewettert. Eines Tages, so Breidbach in seiner Rede im April 2011, werde Deutschland „im Glanze brennender Moscheen“ erstrahlen. Im Zuge einer Großrazzia durch die Staatsanwaltschaft Koblenz wegen des Verdachts der Bildung oder Unterstützung der kriminellen Vereinigung „Aktionsbüro Mittelrhein“ (ABM) wurden am 13. März der Mitanmelder der Stolberger Aufmärsche, Reitz, und der Unterstützer der Marsch-Serie, Sven Skoda (Düsseldorf, Bad Neuenahr), in Untersuchungshaft genommen.

Die Mobilisierung zu den Aufmärschen in der Region wird nicht nur von „Mahnwachen“ begleitet, sondern ebenso von umfangreichen Aufkleber- und Sprühaktionen. So wollen die Organisatoren angeblich 25.000 Flugblätter verteilen, 25.000 Aufkleber und 3.000 Plakate verkleben. Auf ihrer Website teilen sie zwar mit, man distanziere sich „von der Begehung etwaiger ungesetzlicher Handlungen“ mit ihrem Propagandamaterial. Dennoch fanden schon eine Reihe illegaler Sprüh- und Plakataktionen statt, unter anderem an verschiedenen Schulen in der Region.

Die „Mahnwachen“ am Samstag waren von Haller und dem KAL-Mitglied Gerwin J. aus Erkelenz angemeldet worden. J. hatte am 19. März unter dem Vorwand, eine Fete mit Freunden feiern zu wollen, auch einen Veranstaltungsraum in Erkelenz angemietet. In den Räumen fand an jenem Samstag dann die Feier zum 10-jährigen Bestehen der militanten Neonazi-Bande „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL) statt.

In Heinsberg hielten am Samstag zwischen 10 und 11 Uhr insgesamt 12 Neonazis besagte „Mahnwache“ auf dem Markt ab. Ihre Aktion beschränkte sich auf das Zeigen eines Transparentes und das Verteilen von Flugblättern an Passanten. Presserechtlich verantwortlich für die verteilten Flugblätter ist Paul Breuer (Köln), der ebenso wie Reitz und Skoda am 13. März von den Behörden in U-Haft genommen worden war. Rund 70 Gegendemonstranten stellten sich dem braunen Spuk in Heinsberg entgegen, unter den Nazigegner waren auch die Bürgermeister von Waldfeucht, Heinz-Josef Schrammen, und Heinsberg, Wolfgang Dieder.

In Erkelenz marschierte besagter Tross, unterdessen auf rund 15 „Kameraden“ angewachsen, dann gegen Mittag auf dem Marktplatz auf. Auch hier wurden die Neonazis von rund 100 Gegendemonstranten erwartet und mit Anti-Nazi-Songs beschallt. Unter den Nazigegner befand sich auch der Erkelenzer Bürgermeister, Peter Jansen.

Unter den Neonazis, die für einen Aufmarsch gegen „kriminelle Ausländer“ mobilisieren wollten, befand sich bei beiden „Mahnwachen“ Daniel T. (Aachen, München). T. war im Februar 2011 gemeinsam mit einem „Kameraden“ wegen des Baus von Sprengkörpern und unter anderem das Beschmieren des jüdischen Friedhofes in Aachen mit Hetzparolen („Juden den Gashahn aufdrehen“) zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.

Eine „Mahnwache“ am Samstagnachmittag in Jülich sagten die Neonazis kurzfristig ab, weil sie mit einem unterdessen auf rund 25 „Kameraden“ angewachsenen Tross gegen 13.30 Uhr zu einem Aufmarsch in Wuppertal weiterfahren wollten. Unter den Neonazis befand sich zu jenem Zeitpunkt auch der einschlägig vorbestrafte KAL-„Kameradschaftsführer“ René Laube (Vettweiß, Kreis Düren). Der Aufmarsch in Wuppertal fand aus Solidarität zu den inhaftierten „Kameraden“ des ABM und eines „bundesweiten Aktionstages gegen staatliche Willkür“ statt.

Gegen die Aufmärsche in Stolberg Anfang April planen zwei Bündnisse aus der Region Aachen, wie schon in den Vorjahren, Gegenproteste. Das bürgerliche Stolberger Bündnis gegen Radikalismus will abermals Protestaktionen in der Innenstadt abhalten und so den Zug der Nazis durch die City unmöglich machen. Derweil plant das antifaschistische Bündnis gegen den Naziaufmarsch 2012 – Den Naziaufmarsch blockieren den braunen Spuk, sollte er wie 2011 von einem Außenbezirk bis zum Innenstadtrand ziehen wollen, zu blockieren. (Michael Klarmann/mik)

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